PGS Hanau - Schulzeitung

Das ändert sich dann spätestens in der Schule. Hier schleicht sich nach und nach die Erfahrung ein, dass Fehler machen etwas Schlechtes ist. Fehler werden in der Schule negativ sanktioniert. Sie sind möglichst zu vermeiden. Kindern, die noch vor kurzer Zeit aus ihren Fehlern sehr produktive Lernerfahrungen ziehen konnten, passiert Folgendes: Sie beginnen Fehler zu vermeiden, zu ignorieren, zu verdrängen sowie zu leugnen. Dies, um ihre Produkte möglichst fehlerfrei präsentieren zu können und um gute Bewertungen zu erhalten. Aber eigentlich sind doch Fehler notwendige Schritte, um zu reifen, sich zu entwickeln und um weiterzukommen. Führungskräfte besuchen beispielsweise Seminare, um in ihren Unternehmen eine konstruktive Fehlerkultur zu implementieren. Es entwickelt sich eine eigene Forschungsrichtung, um den positiven Umgang mit Fehlern zu analysieren und produktivitätssteigernde Wirkungen zu erzielen. Dabei waren wir als Kinder alle Profis darin. Was wäre, wenn wir Fehler in der Schule nicht einfach als falsch abstempeln würden, sondern als ein Fenster in die Entwicklung? Als Grundschullehrerin bin ich begeistert, wenn Erstklässler das Wort Mama so schreiben: „Mamer“. Warum? Hier öffnet sich ein wunderbares Fenster in die Entwicklung des Schreibens. Schreibt ein Kind als Endung „er“, dann sehe ich, dass diese typische Endung der deutschen Sprache schon in das Bewusstsein des Kindes gelangt ist, auch wenn sie dabei noch fehlerhaft verwendet wird. Diese Sicht auf Fehler bietet Lernchancen und nimmt den Lernenden den Schrecken. „Your best teacher is your last mistake“, wie ein englisches Sprichwort sagt. Auch die Bibel kennt Fehler, wenn sie dort auch unter anderen Begriffen zu finden sind. Die Bibel spricht von Schuld und Sünde. Das meint die grundsätzliche Trennung des Menschen von Gott. Die innere Beziehung des Menschen zu Gott ist kaputt gegangen, und es FEHLT buchstäblich etwas. Wo Fehler in diesem Sinn geschehen, fehlt etwas – in der Bibel geht es da um die innere Beziehung zu Gott. Das Fehlerhafte ist also etwas zutiefst Menschliches, keiner ist davon ausgenommen. Wie geht Jesus mit diesen inneren Fehlern, der Fehlerhaftigkeit um? Der Evangelist Lukas erzählt von einer Frau, die von ihrer Umwelt eindeutig als schuldhaft identifiziert wurde. Jeder wusste das, allen war es bekannt: Diese Frau ist eine Sünderin. Jesus ist zu Gast im Haus eines Pharisäers namens Simon. Während er dort zu 062 Was geht in Ihrem Kopf vor, wenn Sie über das Thema „Fehler“ nachdenken? Zucken Sie zusammen? ... bloß keine Fehler machen… Fehler machen mich angreifbar … Anerkennung bekomme ich nur, wenn ich alles richtig mache … Warum haben Menschen bloß so große Probleme mit Fehlern? Schon auf den ersten Seiten berichtet die Bibel über den Umgang der Menschen mit einem großen Fehler. Nachdem Adam die verbotene Frucht gegessen hat, schiebt er, vonGott darauf angesprochen, reflexhaft die Schuld auf seine Frau. „Sie war´s!“ Eva wiederum schiebt die Schuld auf die Schlange. „Sie war’s!“. Hauptsache, jemand anders ist schuld an diesem Fehler, ich jedenfalls nicht. Das Thema Fehler kann man unter sehr unterschiedlichen Aspekten betrachten, es hat vielfältige Facetten. Der Kinderliedermacher Mike Müllerbauer, der am 6. November 2018 ein Konzert an der PGS Hanau gegeben hat, singt in einem seiner Lieder Folgendes: „War doch nur ein Fehler, wo ist das Problem? War doch nur ein Fehler, ich lern dazu, du wirst schon sehn. Nur wer viele Fehler macht, der wird immer schlauer, auf geht`s, los, nochmal mit ganzer Power. War doch nur ein Fehler und Fehler machen ist erlaubt. Ups, Mist, au Backe, oh nein! Schon wieder ich, musste das denn sein? Über beide Ohren steck ich mittendrin, ich zieh mir meine Mütze runter bis zum Kinn. Ein paar Fehler im Diktat, auf deinem Handy klebt Spinat, ein großer Fleck auf meiner schönsten Hose. Ein Teller geht kaputt, das passiert selbst Robin Hood, schon wieder fünf Minuten zu spät, obwohl meine Uhr richtig geht! Deinen Geburtstag hab ich leider vergessen und auch den Nachtisch für unser Mittagessen. War doch nur ein Fehler ...“ Kleine Kinder sind absolute Fehlerprofis, sie haben das Trial-andError-Lernen perfektioniert. Wenn sie ein bestimmtes Ziel verfolgen, dannwerden sie solange immer wieder neue Versuche starten, bis das Vorhaben gelingt und ihr Ziel erreicht ist. Auf demWeg dahin haben sie viele Fehlererfahrungen gemacht und damit gelernt, welche Wege nicht zum Erfolg führen. Das Lernen durch Fehler kann zwar manches Mal frustrierend sein, ist aber durch den Erfolg positiv besetzt. Vorwort „Aus Fehlern lernen“

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