Julien Schickling aus Hanau ist seit 1.April Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Der Abiturient der Hanauer Paul-Gerhardt-Schule (PGS) stammt aus dem ersten  PGS-Abi-Jahrgang 2015. Er bestand das Abitur mit einem Notenschnitt von 1,0 und wurde daraufhin von PGS-Schulleiter Martin Forchheim schriftlich bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes für ein Stipendium vorgeschlagen. In der Folge musste sich der 18jährige, der derzeit im 2.Semester an der Goethe-Universität (Frankfurt) Rechtswissenschaften studiert, in einem zweitägigen Auswahlseminar unter bis zu 50 potentiellen Stipendiaten beweisen. Er erhielt die Zusage für die überkonfessionelle und politisch unabhängige Studienstiftung, die das Studium Leistungsbegabter mehrere Semester finanziell fördert.

Wie haben Sie sich vorbereitet ?
Das Bewerbungsverfahren begann im Sommer letzten Jahres, als mich Herr Forchheim für die Studienstiftung vorgeschlagen hat. Einige Wochen später erhielt ich seitens der Stiftung eine Einladung zu einem gesonderten Auswahlverfahren mit dem Ziel mich persönlich kennenzulernen. Gleichzeitig wurde ich beauftragt, ein Referat zu einem Thema meiner Wahl vorzubereiten und darüber eine kontroverse Diskussion zu moderieren. Zudem musste ich einen dreiseitigen Lebenslauf formulieren und einige Fragen zu meinen Interessen, Zielen und Engagement beantworten. In der vorlesungsfreien Zeit ab März habe ich mich intensiv für die Auswahltagung vorbereitet und ein Referat zu dem Thema „NATO – zwischen drohender Irrelevanz und selbstverschuldeter Überforderung“ ausgearbeitet.

Wie war das Procedere bei der Auswahltagung in Köln?
Am ersten Tag wurde den potentiellen Stipendiaten zunächst das Auswahlverfahren erläutert. Es besteht aus drei Teilen: Zunächst sieben Gruppendiskussionen (je 30 Min.) mit einem Prüfer A, dann ein fachinternes Gespräch mit einem Prüfer B und schließlich ein fachexternes Gespräch mit einem Prüfer C. Jeder Prüfer kann einem Bewerber bis zu 10 Punkte vergeben, für eine Aufnahme sind mindestens 23 Punkte notwendig. Finanziell – so wurde uns erzählt – kann jeder Bewerber aufgenommen werden, aber praktisch schaffen es nur ca. ein Viertel. Die Bewerber auf der Auswahltagung stammten aus allen Himmelsrichtungen Deutschlands. Ich bin bis heute fasziniert von der hohen fachlichen und ideellen Diversität, dem großen sozialen Engagement und der offenen Persönlichkeit meiner Mitbewerber. Genau dies zeichnet auch die Studienstiftung als eine überkonfessionelle und überpolitische Stiftung aus.

Um welche Themen ging es denn bei den Diskussionen?
Die Diskussionen in meiner Gruppe reichten von dem Thema Heimat, über das „social freezing“ (= Einfrieren von Eizellen) und „green building“ (= nachhaltiges Bauen) bis hin zu der Zinspolitik der EZB. In den Diskussionen zeigte sich, wer kritisch denken, kontrovers diskutieren und respektvoll mit anderen Ideen umgehen kann. Daraufhin folgte ein Einzelgespräch, in dem ich zu meinem Lebenslauf etwa dem Einfluss eines bilingualen Elternhauses und mein kirchliches Engagements gefragt wurde. Meine Tätigkeit als Streitschlichter und Stufensprecher an der Schule wurde dabei sehr wertgeschätzt. In einem weiteren Einzelgespräch mit einem Philosophieprofessor ging es um meine politische Meinung zu der NATO, der Flüchtlingskrise und weiteren politischen Themen. Die Atmosphäre in beiden Gesprächen war sehr freundlich und angenehm.

Was sind gute Voraussetzungen – abgesehen von den schulischen Leistungen – um ein Stipendium zu erhalten ?
Nicht nur fachliche Leistungen zählen, sondern auch soziales Engagement und eine offene Persönlichkeit sind fundamental um ein Stipendium zu erhalten – unabhängig von der Stiftung.

Gibt es für die Stipedianten auch Pflichten und wie lange werden sie finanziell gefördert?
Der Stipenidat verpflichtet sich am Ende des Semesters einen Bericht zu schreiben, was er gemacht hat. Im Bachelor-Studiengang werden die ersten sechs Semester finanziell gefördert. Im 4.Semester muss ein Antrag auf Weiterförderung gestellt werden, dann könnte der Stipendiat auch im Master-Studiengang gefördert werden. Als Stipendiat profitiere ich von einer finanziellen und ideellen Förderung: Finanziell erhalte ich monatlich ein Grundstipendium in Höhe von 300 Euro. Außerdem wird mir ein Jahr im Ausland durch eine zusätzliche Auslandsförderung ermöglicht. Die ideelle Förderung umfasst regelmäßige, persönliche Gespräche mit einer Vertrauensdozentin vor Ort, den Besuch von Seminaren und wissenschaftlichen Kollegs sowie den Kontakt mit anderen Stipendiaten.

Halten Sie weiterhin Kontakt zur Paul-Gerhardt-Schule?
Ja, gerne würde ich den Schülern dort in einer kleinen Veranstaltung aufzeigen, was es für Stipendien gibt, welche Vorteile diese bringen und wie das Auswahlverfahren abläuft. Ein positiver Nebeneffekt für die Schüler: Sie würden bei Interesse mit mehr Motivation an die Oberstufe herangehen und gleichzeitig das gesellschaftliche Engagement – auch an der Schule – suchen.

Herzlichen Dank für das Interview.